Was wäre wenn?

ONLINEHANDEL

Wie würde sich die Welt verändern, wenn der Handel nur mehr online stattfinden würde? Diese Frage hat sich das Lekkerland-Redaktionsteam angesichts der – durch Corona ausgelösten – enormen Zuwächse des Onlinehandels gestellt und recherchiert.

Nachdem der Onlinehandel zwischen 2014 und 2019 jedes Jahr um etwa 10 % angewachsen ist, hat er im Coronajahr 2020 während der Lockdown-Phasen im Vergleich zum Vorjahr um weitere knappe 20 % zugelegt. Im Lebensmittelhandel verdoppelte sich in dieser Zeit die Anzahl an Online-Bestellungen, wie unsere Medienrecherche ergab. Tendenziell führt die angespannte Situation europaweit zu Geschäftsschließungen, von denen nicht nur kleine Handelsunternehmen betroffen sind. Nein, auch große internationale Modeketten berichten von massiven Filialschließungen. Was wäre nun, wenn der klassische Handel nicht mehr da wäre?

Von der Veränderung des Einkaufserlebnisses bis
zum Ausschluss von Personengruppen

Das Flanieren durch Shopping-Straßen und Malls gehört zu einer Freizeitaktivität, die Wochenende für Wochenende unzählige Menschen in die Städte und Einkaufszentren lockt. Ein Vergnügen, das Handelsspezialisten mit sensorischen Reizen wie Gerüchen, Musik, Licht gekonnt inszenieren und das es plötzlich nicht mehr geben würde. Auch das Miteinander beim Shoppen, die persönliche Beratung beim Kauf und der Ausschluss einzelner Personen, die über keinen geeigneten Onlinezugang verfügen, würden das Sozialverhalten entscheidend verändern.

Verändertes Freizeitverhalten und ökologische Aspekte

Der Wegfall von Geschäften in den Innenstädten würde Platz für neue Angebote schaffen. Der so entstehende Raum könnte für neue Mieter genützt werden: etwa Kinderbetreuungseinrichtungen, soziale Einrichtungen, Gastronomie sowie Freizeit- und Kulturangebote. Aus den derzeitigen Shoppingmeilen würden neue Freizeitzonen mitten in den Städten erwachsen. Die Bewohner müssten nicht mit unzähligen Autos am Wochenende ins Grüne fahren, da neue grüne Zonen entstehen würden. Umgekehrt würden sich viele wegfallende Autofahrten von der Peripherie in die Shoppingzentren positiv auf die Ökobilanz auswirken. 

Es ist durchaus ein reizvolles Gedankenspiel, den Handel ausschließlich online anzusiedeln. Jedoch müssen auch viele Nebeneffekte genauer betrachtet werden. Dazu gehören beispielsweise der Datenschutz – vor allem beim Onlinekauf von Medikamenten, die Arbeitsbedingungen bei Zustellservices, der Umgang mit Retouren, 

die Ökologie von Verpackungen, automatisches Bestellen von „intelligenten“ Elektrogeräten wie Kühlschränken – und vieles mehr. So lange Menschen das Einkaufen als Erlebnis empfinden, wird es wohl zwei Einkaufswelten geben. Eine nach Effizienz orientierte Online-Shoppingwelt und eine emotionale Shoppingwelt, in die man mit allen Sinnen eintauchen kann. Für den Tankstellshop sind die Tankkunden die Frequenzbringer. So lange Autos betankt werden, kommen auch Kunden in den Shop. Stellt sich nur die Frage: Könnten Tankstellenshops mit einem Teil ihres Angebots nicht auch online vertreten sein – z. B. bei der Verpflegung von mobilen Menschen via Lieferservices? Es lohnt sich durchaus, über die Zukunft des Handels nachzudenken, denn die Zukunft hat bereits begonnen.