Von null auf 120.000 Gläser in zwei Monaten

Im März dieses Jahres sollte die Winterpause des Restaurants „Gut Purbach“ am Neusiedler See zu Ende gehen. Die Öfen in der Küche waren bereits hochgefahren, doch plötzlich kam es zum bereits bekannten Lockdown. Das bedeutete: null Arbeit für das gesamte Team des bekannten Haubenrestaurants von Max Stiegl.

Der durch seine Kochshows mit Tim Mälzer und viele andere TV-Auftritte bekannte Spitzenkoch gilt als ein Enfant terrible der europäischen Topgastronomie und ist Koch aus Leidenschaft. Er ist mit seinen Ideen immer wieder Vorreiter für die gesamte Branche. So zum Beispiel zelebrierte er die „Nose to Tail-Küche“ bereits, als dieser Begriff noch nicht durch die Gourmet-Magazine geisterte. Er war es, der in Deutschland bei einem Vortrag einen Pferdekopf auf das Podium knallte, um damit dem Auditorium – bestehend aus Fachleuten der Gastronomieszene – drastisch zu erklären, wie aus Achtung vor dem Tier alle Teile in der Küche verwertet werden können.

Aber zurück nach Österreich: Frisch gestärkt kam das Gut-Purbach-Team Anfang März dieses Jahres aus dem Betriebsurlaub. Mit vielen neuen Ideen und Elan machte sich die Küchenmannschaft ans Werk. Plötzlich, Mitte März, war es so weit, die Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus bescherten vielen Branchen einen nie dagewesenen Ausnahmezustand. Köche von Restaurants und Gaststätten gehörten zu der Berufsgruppe, die von heute auf morgen die Kochlöffel an die Wand hängen musste. Sämtliche Lokale wurden geschlossen, so natürlich auch das Gut Purbach.

Max Stiegl hatte eine Idee

Ausgelöst durch diese einzigartige Krise die Hände in den Schoß legen? Nicht mit Max Stiegl. Denn eines kam für den kreativen Küchenchef aus dem Burgenland nicht infrage: nämlich seine besten Mitarbeiter vor der bevorstehenden Hochsaison aufgrund der Ausnahmesituation zu verlieren. Und es wäre nicht Max Stiegl gewesen, wäre er nicht mit seiner Idee wieder einmal zum Vorreiter seiner Zunft im ganzen Lande geworden. Er besann sich einer Technik, mit der schon Generationen von Hausfrauen in der Vergangenheit Speisen haltbar gemacht haben, und experimentierte mit seinem Team und seinen Rezepten.

Gerade bei den typisch pannonischen Rezepten, die Max Stiegl immer wieder in seiner kreativen Restaurantküche zelebriert und die er so gerne mit einem ganz persönlichen, zeitgemäßen Touch auf den Tisch bringt, wurde er fündig. Denn viele dieser Rezepte eignen sich besonders für das „Einwecken“ – also das Haltbarmachen in Gläsern.

Es dauerte nicht lange, bis Speisen wie „Kutteln Serbisch“, „Sama Krautwickler“, „Szegediner Krautfleisch“ oder das „Paprika-Henderl“ u. v. m. in die Gläser gefüllt waren. Darauf folgte ein gezielter Informationsimpuls in den wichtigsten Social-Media-Kanälen und eine neue Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Nach kurzer Zeit waren es zuerst die Stammgäste, die auf das Angebot aufmerksam wurden und sich über ihre Lieblingsspeisen aus dem Gut Purbach freuten. Aus Wien reisten Kunden an, die die Gläser von Max Stiegl ab Hof in Selbstabholung kauften. Schließlich berichteten auch die Medien über die neue Geschäftsidee und es trudelten in Purbach Bestellungen aus ganz Europa ein. Unternehmer versorgten ihre Mitarbeiter mit den Menüs aus den Gläsern und sogar Feinschmecker auf der Baleareninsel Mallorca schickten online Fotos, die sie beim Genuss der Spezialitäten aus dem Burgenland zeigten – mit speziellen Grüßen an die Küche.

120.000 Gläser mit pannonischen Spezialitäten wurden verkauft

Das gesamte Team aus dem Gut Purbach war an der Aktion beteiligt. Die Mitarbeiter arbeiteten nahezu rund um die Uhr, um die große Nachfrage zu erfüllen. Es wurde gekocht, in Gläser gefüllt, etikettiert, postfertig gemacht und geliefert. Alle waren im Einsatz und so wurden in nur zwei Monaten sage und schreibe 120.000 Gläser mit bis zu 15 verschiedenen Gerichten ausgeliefert.

„Die Krise hat mir einen neuen Vertriebsweg aufgezeigt. Ich überlege, ein kleines, feines Sortiment an Spezialitäten auch in Zukunft unter dem Titel MAX AT HOME anzubieten. So können unsere Gäste den Geschmack von Pannonien auch zu Hause genießen“, so Max Stiegl.

Krisen können erfolgreich genutzt werden, wenn herkömmliche Pfade verlassen werden und neue Ideen in die tägliche Arbeit einfließen.